Online Travel Agencies (OTAs) wie Booking.com, Expedia und Airbnb haben die Reisebranche revolutioniert. Für viele Hotels, Pensionen und Apartments ist die Plattform ein entscheidender Vertriebskanal, über den Gäste gewonnen werden. Doch immer mehr Stimmen aus der Hotellerie fragen sich: Sind die OTAs Freund oder Feind? Eine differenzierte Betrachtung zeigt, dass die Antwort nicht eindeutig ist.
Vorteile der OTAs für die Hotellerie
- Hohe Reichweite
OTAs wie z.B. Booking.com hat weltweit Millionen von Nutzern. Für kleinere Hotels und Familienbetriebe, die nicht über das Budget für umfassende Marketingkampagnen verfügen, ist diese Reichweite ein unschätzbarer Vorteil. Gäste aus der ganzen Welt werden durch die Plattform auf Unterkünfte aufmerksam, die sie sonst vielleicht nie entdeckt hätten. - Einfache Buchung
Die Benutzerfreundlichkeit der Plattform ist ein weiterer Pluspunkt. Gäste können schnell Verfügbarkeiten prüfen, Preise vergleichen und sofort buchen. Dies senkt die Hemmschwelle für potenzielle Kunden und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich für eine Unterkunft entscheiden. - Vertrauen und Bewertungen
Viele Reisende nutzen Booking.com wegen des etablierten Bewertungssystems. Positive Bewertungen helfen Hotels dabei, mehr Gäste zu gewinnen. Die Plattform bietet auch Sicherheit durch Stornierungsrichtlinien und Zahlungsmethoden, die viele Kunden schätzen.
Nachteile und Herausforderungen
- Hohe Provisionen: Eines der größten Probleme für die Hotellerie sind die hohen Provisionen, die OTAs verlangen, welche zwischen 15 % und 30 % des Buchungspreises liegen können. Diese Provisionen mindern die Gewinnspanne, was besonders für kleinere Hotels eine Herausforderung darstellt. Hoteliers stehen oft vor der Frage, ob sie die zusätzlichen Kosten an ihre Gäste weitergeben oder ihre Margen schmälern.
- Eingeschränkte Preisgestaltung und Kontrolle: Der Europäischen Gerichtshof hat mit seinem Urteil vom 19. September 2024 nun europaweit klargestellt, dass die engen, wie weiten Bestpreisklauseln von Booking.com gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstoßen. Allerdings haben sich die OTAs bereits seit einigen Jahren darauf eingestellt und teils unfaire Discount-Programme auferlegt, die die Ratenparität unterlaufen. Lesen Sie hierzu den interessanten IHA-Blog von Tobias Warnecke.
- Abhängigkeit: Einige Hotels geraten in eine gefährliche Abhängigkeit von Plattformen wie Booking.com. Da sie einen Großteil ihrer Buchungen über diese Kanäle generieren, vernachlässigen sie eigene Marketingmaßnahmen und den Direktvertrieb. Sollte Booking.com seine Bedingungen weiter verschärfen oder die Provisionen erhöhen, könnte dies für viele Hotels problematisch werden.
Langfristige Strategie: Die Balance finden
Die zentrale Frage ist nicht, ob OTAs „Freund“ oder „Feind“ sind, sondern wie Hotels sie effektiv und strategisch einsetzen. OTAs können wertvolle Partner sein, wenn sie als Ergänzung zum eigenen Vertriebsnetzwerk genutzt werden. Entscheidend ist, dass Hoteliers ihre eigene Sichtbarkeit durch Direktbuchungen stärken, z. B. durch Investitionen in eine professionelle Website (und vielmehr noch in eine leistungsstarke Buchungsmaschine), Suchmaschinenoptimierung (SEO), Social Media und Treueprogramme.
Ein Ansatz könnte sein, OTAs zur Neukundengewinnung zu nutzen, dann aber durch exzellenten Service und gezielte Angebote Kunden zu Direktbuchern zu machen. Langfristig können Hotels so die Abhängigkeit von Plattformen reduzieren und ihre Profitabilität steigern.
Fazit: OTAs – Eine Frage der Perspektive
OTAs wie Booking.com, Expedia und Co. sind weder reine Freunde noch absolute Feinde der Hotellerie. Sie bieten große Chancen, aber auch erhebliche Herausforderungen. Hotels, die sich zu sehr auf OTAs verlassen, riskieren ihre Unabhängigkeit und Margen. Andererseits können sie durch eine kluge Nutzung dieser Plattformen ihre Reichweite und Sichtbarkeit vergrößern. Die Kunst liegt darin, die richtige Balance zu finden und den Direktvertrieb nicht zu vernachlässigen.
Letztlich sind OTAs ein Werkzeug – und wie bei jedem Werkzeug kommt es darauf an, wie es genutzt wird.