Im Märzen der Bauer die Rösslein anspannt.
Er setz seine Felder und Wiesen instand.
Er pflüget den Boden, er egget und sät
und rührt seine Hände frühmorgens und spät.“
Jeder kennt diese ersten Zeilen eines bekannten deutschen Kinderliedes. Aber was hat dieses Lied mit Revenue Management zu tun?
Ein Bauer plant jedes Jahr im Frühjahr die Bestellung seiner Felder und berücksichtigt hierbei wichtige Faktoren:
- Was will der Verbraucher?
- Was macht die Konkurrenz? Was pflanzen sie an?
- Wie hoch sind meine Kosten?
- Welche Risiken z.B. durch Witterung, Ernteausfällen bestehen?
- Wie ist die Saisonabhängigkeit?
- Wie ist Qualität des Bodens?
- Wie ist Qualität des Erzeugnisses?
- Wie erfolgt der Vertrieb?
Nach der Ernte steht der Bauer unter Zeitdruck. Er muss dafür sorgen, dass die geernteten Pflanzen und Früchte so schnell wie möglich verkauft werden, da sie leicht verderblich sind und mit jedem Tag die Qualität des Produkts sinkt, bis es nicht mehr verkauft werden kann. Hinzu kommt, dass der Bauer bis zur Ernte anfallende Kosten, aber keine Einnahmen, hat.
Auch der Hotelier muss dafür sorgen, dass seine Kapazitäten nicht „verderben“, d.h. optimal ausgelastet werden, denn am nächsten Tag stehen die gesamten Kapazitäten wieder zum Verkauf.
Viele Hoteliers und Revenue Manager stehen aktuell vor einem zu bearbeitenden Feld. Historische Aufzeichnungen haben nach zwei Jahren Pandemie ihre Aussagekraft verloren. Wie bestelle ich also mein „Feld“, mein Hotel? Wie wird die Nachfrage in den nächsten Wochen und Monaten sein? Für welche Produkte erziele ich welche Preise? Wie reagieren der Markt und die Wettbewerber?
Es ist ein Neustart! Eine Analyse der eigenen Stärken und Schwächen im Zusammenhang mit den Chancen und Risiken des Marktes bietet eine gute Ausgangssituation.
Was will der Gast?
Die ITB Berlin und Statista Q haben auf dem ITB Berlin Kongress die Entwicklungen und Trends des Reisejahres 2022 vorgestellt. Die wesentlichen Kernthemen sind:
Reisende wollen mehr Flexibilität. Seit Beginn der Pandemie ist Flexibilität eine Bedingung für den Tourismus. Gäste sind bereit für mehr Flexibilität einen höheren Preis zu zahlen. Was bedeutet es für meine Stornierungs- und Buchungskonditionen?
Deutsche Reiseziele werden bei jungen Menschen immer beliebter. Statista’s February 2022 Global Consumer Survey (GCS) zeigt, dass der Inlandstourismus beliebter denn je ist. Im nächsten Jahr wollen mehr als 38 Prozent der Reisenden unter 30 Jahren in Deutschland verreisen, was einem Anstieg von fast 25 Prozent entspricht.
Workation ist der neue Trend. Neben Urlaub und Sightseeing hat sich die Arbeit und die Möglichkeit von überall zu arbeiten als Reisegrund entwickelt. Es ist ein neuer Kundentypus entstanden, der völlig neue Bedürfnisse hat und dessen Verhalten sich von dem der Geschäftsreisenden unterscheidet, was potenziell einen neuen Markt schafft. Welche Produkte/ Dienstleistungen bietet mein Hotel für diese Zielgruppen?
Was macht die Konkurrenz?
Eine regelmäßige Analyse der einzelnen Wettbewerber pro Segment und deren Angebote ist zwingend notwendig und sollte über reine Preisvergleiche im Internet hinausgehen. Welche Vorteile bietet mein Hotel gegenüber jedem einzelnen Wettbewerber?
Wie hoch sind meine Kosten?
Steigende Energie- und Lebensmittelpreise sowie die Anhebung des Mindestlohns sind nur einige Preistreiber, die ein Hotel bei der eigenen Preisbildung berücksichtigen muss. Welche Auswirkungen haben die zusätzlichen Kosten auf meine Preisuntergrenzen für Zimmer und Veranstaltungskapazitäten? Welche Prozesse sind bereits standardisiert und können im Sinne einer Effizienzsteigerung somit automatisiert werden?
Welchen Risiken ist mein Hotel ausgesetzt?
Das Hotelgeschäft ist ein zyklisches Geschäft und stark vom sozio- und makroökonomischen Umfeld abhängig. Während in der Vergangenheit MICE (Meetings, Incentives, Conventions & Events) und der (internationale) Geschäftsreiseverkehr für viele Hotels mehr oder weniger verlässliche Treiber der Nachfrage darstellten, bewegen wir uns aktuell auf einem unbekannten Terrain. Hinzukommt, dass die Nachfrage nach wie vor durch Richtlinien der Regierungen, Naturkatastrophe, und Kriegsgeschehen weltweit beeinflusst ist. Sie zwingt Hoteliers zu einer stetig angepassten Planung und einem „Forecasting auf Sicht“. Wie sieht die aktuelle Forecast-Planung aktuell aus? Welche Variablen werden in welcher Gewichtung berücksichtigt? Wie können What-if-Szenarien bei der Planung helfen?
Wie stark ist mein Hotel von einzelnen Saisonzeiten abhängig?
Eine Analyse des Musters der einzelnen Wochentage und Perioden in Bezug auf Business Mix hilft die Nachfrage und das Buchungsverhalten zu verstehen. Welchen Wert hat die Nachfrage? Wie weit im Voraus buchen die einzelnen Segmente innerhalb der unterschiedlichen Perioden und zu welchem Wert aktuell?
Wie ist die Qualität meines Hotelstandortes und der Erreichbarkeit?
Die physische Lage des Hotels kann man nicht verändern. Es hilft die Vorteile des Standortes, die Infrastruktur und Möglichkeiten, um den Standort herum, zu identifizieren und zu kommunizieren. Welche Vorteile bietet Ihr Standort gegenüber den Wettbewerbern? Welchen Mehrwert hat die Lage Ihres Hotels für den Gast und wieviel ist er bereit dafür zu zahlen?
Wie ist die Qualität meiner Produkte und Dienstleistungen?
Hierbei spielt nicht nur die Hardware eine wichtige Rolle, sondern insbesondere die Art und Weise der Serviceleistungen. Wie schaffe ich es meine Gäste, mit welchem Angebot entlang der gesamten Customer Journey zu begeistern? Positive Bewertungen wirken sich auf die Nachfrage und die Preisbereitschaft aus. Die Einbindung der Gästebewertungen in die Preisstrategie ist zwingend notwendig. Passt jeder neue Trend und Promotion zu meinem Produkt und Positionierung?
Wie erfolgt die Distribution?
Der Wunsch nach einer Unabhängigkeit von Drittanbietern wie den Online Travel Agencies (OTAs) und Steigerung der Direktbuchungen über die eigene Webseite ist groß. Wie ist die aktuelle Distributionsstrategie? Wie hoch sind die Distributionskosten pro Kanal? Sind Direktbuchungen über meine eigene Webseite wirklich günstiger oder übersteigen System- und Transaktionsgebühren sowie manuelle Prozesskosten durch mangelnde Schnittstellen die Kommission der OTAs?